Gewässerschutz
Der Schutz von Grundwasser und Oberflächengewässern ist gesellschaftlich unverzichtbar und sichert die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser. Der Landwirtschaft kommt beim Gewässerschutz durch Vermeiden von Stoffeinträgen eine wichtige Funktion zu.
Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
Hauptanliegen der WRRL ist ein umfassender, einheitlicher Gewässerschutz in Europa auf hohem Niveau. Der gute Zustand aller Gewässer soll bis spätestens 2027 erreicht werden. Die Beurteilung des jeweiligen Gewässerzustandes beruht dabei auf harmonisierten Bewertungsverfahren, die unter den europäischen Mitgliedsstaaten abgestimmt sind. Die Umsetzung der WRRL folgt einem sechsjährigen Zyklus, dem sogenannten Bewirtschaftungszeitraum. Die ersten Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme aus dem Jahr 2009 wurden bisher zweimal überarbeitet. Die 2021 aktualisierten Pläne und Programme gelten als Richtschnur des wasserwirtschaftlichen Handelns für den Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027.
Jedes Maßnahmenprogramm enthält entsprechend der WRRL „grundlegende Maßnahmen“. Diese beinhalten gesetzliche Anforderungen, die unabhängig vom Gewässerzustand zu erfüllen sind, wie die Düngeverordnung oder das Pflanzenschutzrecht. Für Gebiete mit hohen Anteilen an Nähr- und Schadstoffeinträgen aus der Landwirtschaft werden in den Maßnahmenprogrammen zusätzlich „ergänzende Maßnahmen“ vorgeschlagen, deren Umsetzung im Rahmen landwirtschaftlicher Programme derzeit auf freiwilliger Basis erfolgt.
Nach den Ergebnissen der aktuellen Gewässerzustandsbeurteilung befinden sich in Bayern insgesamt 179 der 260 oberflächennahen Grundwasserkörper (GWK) in einem „guten chemischen Zustand“. 78 % der GWK erreichen den guten Zustand im Hinblick auf Nitrat und 87 % der GWK in Bezug auf Pflanzenschutzmittel. Bei dem hauptsächlich relevanten Pflanzenschutzmittelwirkstoff Atrazin und seinem Metaboliten Desethylatrazin ist mit dem Verbot von Atrazin bereits die strengste Abhilfemaßnahme getroffen worden. Neben der vorhandenen Grundwasserbelastung mit Atrazin und seinen Abbauprodukten sind im Weiteren vor allem Wirkstoffe und Metabolite von nicht mehr zugelassenen Pflanzenschutzmitteln relevant. Ein Rückgang der Belastungen durch diese Altlasten im Grundwasser ist langfristig zu erwarten. Belastungen mit aktuell zugelassenen und im Einsatz befindlichen Pflanzenschutzmitteln treten nur in Einzelfällen auf. Diese Situation wird auch durch die Beratung für ein wirkstoffbezogenes Risikomanagement zur Vermeidung der Grundwasserbelastung unterstützt. In Bayern sind 965 berichtspflichtige Oberflächenwasserkörper (OWK) ausgewiesen, davon 915 Flusswasserkörper und 50 Seewasserkörper. Bis zum Jahr 2021 erreichten 21 % der OWK den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial. Bezogen auf die Flusswasserkörper waren es 19 %, bei den Seewasserkörpern 54 %. Zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer sind insbesondere Maßnahmen zur Verringerung von stofflichen Einträgen in die Gewässer (Nährstoffe, Bodenpartikel) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur und Durchgängigkeit erforderlich.
Das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern vom 24. Juli 2019 verbietet nun grundsätzlich die acker- und gartenbauliche Nutzung in einer Breite von mindestens 5 Metern von der Uferlinie. Auf Grundstücken des Freistaates Bayern an Gewässern erster und zweiter Ordnung beträgt die Breite des Gewässerrandstreifens 10 Meter. Es wird mittelfristig erwartet, dass die Implementierung von Gewässerrandstreifen zu einem Rückgang des Eintrags von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und Nährstoffen in die Oberflächengewässer führt.
Wasserpakt Bayern
Um den Gewässer- und Bodenschutz in Bayern voranzubringen hat die Bayerische Staatsregierung im Jahr 2017 zusammen mit Erzeugern, Wasserversorgern, Verbänden und Institutionen einen Wasserpakt geschlossen. Dieser Pakt wurde im Dezember 2022 erneuert und sowohl um weitere Paktpartner aus den Reihen der Wasserversorger auf 17 Paktpartner als auch inhaltlich erweitert. Ziel des Wasserpaktes ist es, alle Kräfte zu bündeln und damit auf freiwilliger Basis, ergänzend zu den gesetzlichen Vorgaben, den Zustand der bayerischen Gewässer und den Landschaftswasserhaushalt weiter zu verbessern. Es geht darum, gemeinsam geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Nährstoffeinträge in die Gewässer zu minimieren, die Infiltrations- und Wasserspeicherfähigkeit der Böden zu verbessern und eine klimaangepasste Flurgestaltung umzusetzen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf der Umsetzung von lokalen Projekten zur Verbesserung der Gewässerqualität und des Landschaftswasserhaushaltes. Die Paktpartner kooperieren miteinander, stimmen Projekte und Maßnahmen ab und wirken aktiv bei der Umsetzung regionaler Projekte mit.
Beratung
Einer der wichtigsten Faktoren für die Umsetzung der ergänzenden Maßnahmen gemäß WRRL ist die Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe in den Maßnahmengebieten (Flussgebietseinheiten Donau, Elbe, Rhein) durch die Gewässerschutzberatung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF). Die regionalspezifischen Anforderungen der ergänzenden Maßnahmen der WRRL müssen mit den fachrechtlichen Vorgaben und den Bestimmungen der Fördermaßnahmen (Konditionalitäten im Rahmen der EU-Direktzahlungen, Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) in Einklang gebracht werden, um eine gezielte Wirkung erreichen zu können.
Das Angebot der Gewässerschutzberatung steht allen Interessierten an allen ÄELF in Bayern zur Verfügung. Die Beraterinnen und Berater informieren über die regionalspezifischen Ziele im Kontext der WRRL und entwickeln mit den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern gezielte acker- und pflanzenbauliche Maßnahmenkonzepte sowie deren betriebsbezogene Optimierung.
Der Gewässerschutz stellt auch für den amtlichen Pflanzenschutzdienst einen wichtigen Arbeitsschwerpunkt dar. In Zusammenarbeit mit den Verbundberatungspartnern und der staatlichen Gewässerschutzberatung der ÄELF werden regelmäßig Beratungsunterlagen erstellt und Informationsveranstaltungen durchgeführt. Ziel ist die Aufklärung der Landwirte über relevante Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Schutz von Oberflächengewässern und Grundwasser bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, genauso wie über die technischen Neuerungen bei abdriftmindernden Düsen, Möglichkeiten der Spritzenreinigung bereits auf dem Feld oder das PAMIRA-Rücknahmesystem des Handels für leere Pflanzenschutzmittelverpackungen. Darüber hinaus wird im Rahmen des Pflanzenschutz-Kontrollprogrammes auch die Einhaltung der fachrechtlichen Vorschriften, etwa die Einhaltung von Mindestabständen zu Gewässern, regelmäßig kontrolliert. In Trinkwasserschutzgebieten und Einzugsgebieten von Wasserversorgungen sowie auf grundwassersensiblen Standorten wird von der staatlichen Beratung ein freiwilliger Verzicht auf den Einsatz der versickerungsgefährdeten Pflanzenschutz-Wirkstoffe Chlortoluron, Metazachlor, S Metolachlor und Terbuthylazin empfohlen. Das Beratungsprogramm zum Verzicht auf den Einsatz von Terbuthylazin auf Standorten des Jura-Karst bei der Unkrautbekämpfung im Maisanbau wurde durch die Verzichtsempfehlung auf alle sorptionsschwachen Flächen ausgeweitet. In Abstimmung zwischen Landwirtschafts- und Umweltverwaltung wurde eine Gebietskulisse für den Jura-Karst bis auf die Maßstabsebene der Gemarkungen festgelegt. Das für den gesamten Bereich des Jura-Karst vorhandene Kartenmaterial ist die Basis für die Beratung und steht neben den amtlichen Stellen auch der Privatberatung von Industrie und Handel und der Landwirtschaft als Online-Angebot zur Verfügung.
In der Weiterentwicklung des Wirkstoffmanagements für den Gewässerschutz wird inzwischen von der Offizial- und Verbundberatung der Einsatz von Nicosulfuron-haltigen Mais-Herbiziden auf Flächen mit angrenzenden Oberflächengewässern und auf Flächen, von denen ein Eintrag in Oberflächengewässern durch Abschwemmung auftreten kann, nicht mehr empfohlen.
Fördermaßnahmen zum Gewässerschutz
Seit 2015 werden mit dem KULAP Maßnahmen zum Gewässerschutz angeboten und zielgerichtet weiter ergänzt. Für die neue EU-Förderperiode ab 2023 wurde das Förderangebot gezielt umgestaltet. Bestehende Maßnahmen wurden attraktiver ausgestaltet, an geänderte rechtliche Rahmenbedingungen angepasst und/oder zum Bürokratieabbau vereinfacht. Die effektivsten Wirkungen hinsichtlich des Schutzes von Oberflächengewässern und Grundwasser werden im Bereich der Landwirtschaft von folgenden Maßnahmen erwartet:
- Bewirtschaftung nach Kriterien des ökologischen Landbaues,
- extensive Grünlandnutzung in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten,
- Biodiversitäts-, Gewässerrand- und Erosionsschutzstreifen,
- Winterbegrünung mit Zwischenfrüchten und mit wildtiergerechten Saaten,
- Mulch-/Streifen-/Direktsaatverfahren bei Reihenkulturen, konservierende Saatverfahren,
- Verzicht auf Intensivfrüchte in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten,
- Umwandlung von Acker- in Grünland,
- wechselnde und mehrjährige Blühflächen,
- dauerhafte Anlage von Struktur- und Landschaftselementen als Pufferflächen.
Die Ökoregelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ab 2023 umfassen auch Maßnahmen mit positiven Auswirkungen auf den Gewässerschutz, die von den Betrieben gezielt platziert und umgesetzt werden können.
Erste Auswertungen für den dritten Bewirtschaftungszeitraum (2022 bis 2027) zeigen, dass an allen Grund- und Oberflächenwasserkörpern in Bayern mit Maßnahmenbedarf ergänzende Maßnahmen umgesetzt wurden. Im Jahr 2022 umfassten gewässerschonende Maßnahmen bayernweit eine Fläche von 2,95 Mio. ha KULAP- oder ökologische Vorrangflächen, die zur Reduzierung der Nährstoffbelastung beitragen. Bezogen auf die Oberflächengewässer sind dies 2,1 Mio. ha und bezogen auf die Grundwasserkörper 0,85 Mio. ha.
Wasserschutzgebiete
Die Beschaffenheit des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource in Bayern ist weitgehend sehr gut. Ca. 98 % des Trinkwassers stammen in Bayern aus Grund- und Quellwasser. Probleme mit der Einhaltung von Trinkwassergrenzwerten gibt es in einigen Trinkwassereinzugsgebieten durch Nitrat und Pflanzenschutzmittelrückstände. Hier ist eine noch grundwasserschonendere Landbewirtschaftung in der Fläche notwendig.
Zur Verringerung möglicher Gefährdungen für das Trinkwasser, z. B. bei der Lagerung wassergefährdender Stoffe, bei Verkehrsunfällen, durch Abwasserbehandlungsanlagen oder auch durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Mineraldüngern und Wirtschaftsdüngern ist eine Festsetzung von Wasserschutzgebieten durch den Staat auch künftig unerlässlich. Wasserschutzgebiete sind Instrumente der Vorsorge, die gutes Trinkwasser nachhaltig auch für kommende Generationen schützen sollen. Die Wasserschutzgebiete beschränken sich in Bayern im Wesentlichen auf die besonders empfindlichen Bereiche des Grundwassereinzugsgebietes der jeweiligen Trinkwassergewinnungsanlage. Bayern hat deshalb mit ca. 4,9 % einen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr kleinen Anteil von Wasserschutzgebieten an der Landesfläche.
Freiwillige Vereinbarungen der Wasserwirtschaft mit Grundstücksbesitzern oder Landwirten können Wasserschutzgebiete insgesamt nicht ersetzen, aber eine Alternative oder Ergänzung zu bestimmten Schutzanordnungen im Bereich der Landwirtschaft sein.
Initiative boden:ständig
In der Initiative boden:ständig der Verwaltung für Ländliche Entwicklung werden gemeinsam mit engagierten Landwirtinnen, Landwirten, Gemeinden und den Fachverwaltungen (Wasserwirtschaftsämter und ÄELF) gezielt Maßnahmen zum Boden- und Gewässerschutz und zum Wasserrückhalt in der Fläche entwickelt. In den boden:ständig-Projektgebieten engagieren sich Menschen, die vor Ort konkret an der Lösung eines Problems arbeiten wie z. B. lokale Überschwemmungen nach Starkregen, Erosion, Nährstoffeinträge in Seen oder Wassermangel durch extreme Trockenperioden. Landwirte bewirtschaften ihre Flächen so, dass sie Wasser besser speichern können und Bodenerosion vermieden wird. Gemeinden und Landwirte engagieren sich gemeinsam, um den Wasserabfluss in der Flur zu bremsen und Wasser in Rückhaltungen zu speichern. Die Maßnahmen werden in der Ländlichen Entwicklung über Flurneuordnung, Dorferneuerung und das Förderinstrument FlurNatur umgesetzt. Zum Ende des Berichtszeitraums wurden boden:ständig-Projekte in 107 ausgewählten Gebieten Bayerns durchgeführt.
Wälder
Stabile, naturnahe und nachhaltig bewirtschaftete Mischwälder leisten wertvolle Beiträge für den Gewässerschutz. Dass intakte Waldböden in hohem Maße Niederschläge an Ort und Stelle aufnehmen und speichern können, begünstigt die Versickerung ins Grundwasser. Da im Gegenzug der oberflächliche Wasserablauf vergleichsweise gering ist und langsam erfolgt, wird so gut wie kein Boden ab- und in die Gewässer eingetragen. Zudem werden in der Forstwirtschaft üblicherweise keine Dünge- und kaum Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Auwälder ertragen nicht nur problemlos längere Überschwemmungen, sondern können als Puffer zu landwirtschaftlichen Flächen auch Stoffeinträge in die Gewässer reduzieren. Von daher sind standortgemäße Auwälder eine landeskulturell, ökonomisch und ökologisch ideale Form der Landnutzung entlang von Fließgewässern mit Überschwemmungsbereichen.
Herausforderungen für die Wälder und Waldbesitzer sowie in der Folge auch für die Gewässer entstehen vor allem durch die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels (u. a. Trockenheit, Hitze, Borkenkäfer, Waldbrand, neue Schadorganismen). Dem wurde im Berichtszeitraum durch die im Bayerischen Klimaschutzprogramm verankerte Waldumbauoffensive 2030 (Ziel: 200 000 ha bis 2030; Stand Ende 2023: rd. 100 000 ha), einschließlich Projekte zur Stabilisierung des Bergwaldes (Bergwaldoffensive), entgegengewirkt. Diese Maßnahmen kommen unmittelbar auch dem Gewässerschutz zugute. Weitere wichtige Maßnahmen zum Erhalt oder Ausbau dieser Schutzfunktionen sind z. B. die Erhaltung der Waldfläche allgemein, die Waldmehrung (v. a. in gering bewaldeten Regionen und Überflutungsbereichen), die Schutzwaldpflege und -sanierung im Hochgebirge sowie im Staatswald die Revitalisierung von Auwäldern, Renaturierung von Mooren sowie Anlage von Tümpeln und Feuchtbiotopen.